top of page
Danseuse Hoop

SPORT UND KUNST

Leana und Clara

Sport und Kunst scheinen den meisten Personen sehr weit entfernt voneinander, wenn nicht sogar als Gegensätze. Die Sportarten, die wir treiben, ergeben jedoch ein anderes Bild.

Inwiefern kann man eine Sportart auch als Kunst bezeichnen?

Beispiel von Capoeira und Synchronschwimmen

Sport und Kunst können beide schwer definiert werden.

​

Sport kann als eine körperliche Betätigung, die sowohl Bewegung, Spiel und Wettkampf beinhaltet, sowie nach bestimmten Regeln ausgeübt wird, betrachtet werden. Nicht alle dieser Aspekte benötigt werden, um als „Sport“ bezeichnet werden zu können, sodass Aktivitäten, die hauptsächlich den Körperbewegungsaspekt, wie Krafttraining, oder den Wettkampf-Aspekt, wie Schach, Motorsport oder Bodybuilding-Wettbewerbe einhalten, ebenfalls „Sport“ genannt werden. Darum kann Sport sowohl als Körper- und Bewegungskultur als auch als Wettkampfkultur gesehen werden, die aus Freude an Bewegung und Spiel oder zur körperlichen Ertüchtigung ausgeübt werden.

A17014.jpg

Kunst soll dagegen Gefühle und Handlungen bildlich darstellen, und zwar indem sie das sinnbildliche Herz anspricht. Man kann Kunst als das Ergebnis eines kreativen Prozesses betrachten, obwohl der Prozess selbst das Kunstwerk sein kann. Das Ziel der Kunst ist, dass ein Künstler sich auszudrückt. So musst Kunst nicht unbedingt etwas greifbares sein, und kann eine sehr allgemeine Bedeutung haben, denn, wie Robert Motherwell (1915-1991) sagte, „Kunst ist eine Erfahrung, nicht ein Objekt.“

Obwohl Sport und Kunst also erstmal gegensätzliche Ideen zu sein scheinen, ist es möglich, durch eine etwas offenere Definition dieser Ideen, etwas zu finden, das beiden angehört, wie Tanzen zum Beispiel. Tanzen wird oft eine „Körperkunst“ genannt, die durch Mimik, Gestik und ganzkörperliche Tanzbewegungen dem Tänzer ermöglichen, sich mit seinem Körper auszudrücken. Unsere folgenden, etwas ungewöhnlichen, Beispiele werden beweisen, dass Kunst und Sport zu etwas außergewöhnlichem verschmelzen können: den Sportarten, die wir selbst treiben, Capoeira und Synchronschwimmen.

Capoeira

Capoeira ist eine brasilianische Sportart, sogar eine Kampfsportart, die oft als Kampfkunst bzw. als ein Kampftanz bezeichnet wird.

Es werden heutzutage in Capoeira zwei Hauptrichtungen unterschieden: Dem „alten“ Capoeira Angola und dem „modernen“ Capoeira Regional. Ursprünglich können jedoch beide Arten auf den afrikanischen NíGolo („Zebratanz“) zurückgeführt werden, doch die afrikanischen Elemente verschmolzen im Capoeira Regional im Laufe der Jahre zusätzlich mit Einflüssen anderer Kampfkünste wie zum Beispiel Ringen, Jiu Jitsu und Wushu. Die Kampftechniken selbst sind einzigartig und zeichnen sich durch extreme Flexibilität aus; es gibt viele Drehtritte, eingesprungene Tritte und Akrobatik, die genügend Kraft, Ausdauer, sowie Körperbeherrschung benötigen. Capoeira ist also eine Sportart, weil man dabei Energie verbraucht und eine körperliche Aktivität betreibt. Sportgeist und Unterstützung der Gegner und Spielenden werden ebenfalls gefördert. Tatsächlich finden die Kämpfe  immer in einer Roda statt, welche vom Portugiesischen abstammt, und „Kreis“ bedeutet. Sie werden jedoch nicht als solche bezeichnet, sondern auf pazifistischere Weise „Spiel“ genannt, da das Ziel weder ist, dem Gegner zu schaden, noch ihm seine Überlegenheit zu zeigen oder zu gewinnen.

Capoeira erwartet von den Spielern eher, dass diese ihr Können zeigen, und die Zuschauer beeindrucken. Denn obwohl es sich um eine Kampfsportart handelt, verbindet sie dazu noch Elemente von Tanz, Musik, Ritualen und Akrobatik, wodurch diese Sportart sich schwer einordnen lässt. (Der einzige Weg, sie wirklich kennenzulernen, ist, diese Sportart selbst zu üben /auszuprobieren.) Kunst kann man dank Capoeiras besondere Entstehung in diese Sportart wiederfinden.

arts martiaux

Nach der Entdeckung im Jahr 1500 wurde Brasilien zu einen der Länder, die am stärksten von der Sklaverei geprägt wurden. In Brasilien fanden die unterschiedlichen ethnischen Gruppen, welche ehemals Rivalen waren, durch ihre gemeinsame Versklavung zusammen und formten eine afrikanische Kultur, die in das brasilianische Kulturgut bedeutende und sehr starke Grundzüge eingebracht hat, unter anderen im Tanz, in der Musik und den Bewegungen des Körpers. Im Laufe von 400 Jahren wurden mehrere Millionen afrikanischer Sklaven nach Brasilien verschleppt, um dort die harte Arbeit auf den Zuckerrohrplantagen unter sehr schlechten Lebensbedingungen zu erledigen, sodass die Lebenserwartung der Sklaven sehr gering war. Viele versuchten diesem Leben zu entkommen und durch den Dschungel zu fliehen. In dieser Zeit und vor diesem Hintergrund entstand Capoeira.

Sie durften außerhalb der Arbeitsstunden ihre Religion ausüben, durften jedoch nicht gegeneinander kämpfen oder Kampfsportarten ausüben. Darum benutzten sie die Musik und den Tanz, um den Kampf zu verbergen, sodass ihre Aufseher nicht misstrauisch werden und denken, es seien nur Spiele oder andere afrikanische Traditionen. Somit vertrieben sich die Sklaven damit die äußerst rare Freizeit, um dadurch die tägliche Tortur und die Schikanen vergessen zu können.

In Capoeira werden zum Kämpfen hauptsächlich die Füße benutzt, da die Hände der Sklaven aneinandergekettet waren. Anfangs waren die Bewegungen der Erde sehr nah, weil die meisten von ihren Ritualtänzen wiederaufgenommen wurden, und diese die Tiere nachahmten.

Doch entwickelten die Sklaven eine wirkliche Kampfart, als Mittel zur Verteidigung und für den Widerstand; es sollte zum Instrument der Befreiung gegen ein herrschendes Unterdrückungssystem werden. Mithilfe dieser neuen Waffe, der Capoeira « Angola », benannt nach dem Land Afrikas, konnten einige Sklaven tatsächlich fliehen: Sie hat zum größten Sklavenaufstand Brasiliens beigetragen, Tausende von Sklaven schafften es, eine Festung zu übernehmen, und dort einige freie Jahre zu leben.

esclaves.jpeg

Bibliothèque administrative et historique des Archives départementales de La Réunion

87269675-ensemble-d-instrument-de-musiqu

Darum wird traditionell zu den Kämpfen Musik gespielt, die einem Endlos-Rhythmus in verschiedenen Variationen folgt und es werden Lieder gesungen, immer auf Portugiesisch, die noch aus der Zeit der Sklaverei stammen. Das Singen und Musikspielen mit den besonderen Instrumenten dieser Sportart gehören ebenfalls zur Lehre und werden beim Erlangen des nächsten Rangs abgeprüft. Capoeira ermöglicht, als Kunst, sich auszudrücken, seine Kreativität zu zeigen, auch um den Gegner durch Tricks zu überraschen und während des Kampfes sich ihm immer anpassen zu können, improvisieren. Ästhetik spielt während des Kampfes auch eine große Rolle, da die Vorführung viel zählt, man möchte die Zuschauer beeindrucken, sie reagieren lassen, indem man  besonders kreativ ist oder besonders schöne und außergewöhnliche Tritte ausführt. Solche benötigen dann eine grosse Körperbeherrschung.

IStock

Synchronschwimmen

Synchronschwimmen wird auch Kunstschwimmen genannt und ist eine Sportart, bei der man zu Musik im Wasser tanzt. Mit Schwimmen hat es also nicht so viel zu tun. Dabei kann man alleine oder in einer Gruppe von zwei bis zehn Personen schwimmen. Synchron bezieht sich auf die Synchronität mit der Musik sowohl auch mit den Schwimmern. Da man Synchronschwimmen aber auch alleine schwimmen kann, wurde das Begriff 2017 zu Kunstschwimmen geändert. Der Sport verlangt hohe körperliche Leistungen unter Luftmangel, rhythmisches Musikgefühl und Beweglichkeit im Wasser sowie Flexibilität und einen guten Gleichgewichtsinn. Es ist auch eine sehr unterschätzte Sportart, was schade ist, da es auch ein sehr schwieriger Sport ist. Es ist immer noch sehr unbekannt und nur wenige treiben es.

Piscine de compétition

Synchronschwimmen gibt es seit Ende des 19. Jahrhunderts, damals bekannt als „Wasserballett“ oder „Reigenschwimmen“. Reigenschwimmen gab es auch in der Antike. Damals war es noch eine komplette Männerdisziplin, aber ab 1907 wurden auch Frauen an den Wettkämpfen beteiligt. Allmählich verdrängten sie die Männer in dieser Disziplin fast vollständig.

In Deutschland gibt es eine Art von Synchronschwimmen seit den 20er Jahren die als „Figurenlegen“ bezeichnet wurde. In den 40er Jahren entwickelte es sich in den USA, was auch das Kunstschwimmen ist, das wir heutzutage kennen. 1957 fanden die ersten Meisterschaften statt. Olympisch wurde es jedoch ab 1984, bei den Olympischen Spielen in Los Angeles. Damals gab es aber nur Solo und Duett bei den Wettbewerben. Bei den Spielen von 1988 und 1992 gab es diese noch, wurden dann aber gestrichen. 1996 kam der Mannschaftswettbewerb hinzu und im Jahr 2000 wurde das Duett wieder aufgenommen.

Russe-Svetlana-Kolesnichenkoledu-prelimi

AFP

Genauso wie beim Tanzen benutzt man beim Synchronschwimmen die Musik, um sich die Choreographie zu merken. Anders ist aber, dass die Musik nicht nur dazu dient, um sich darauf zu bewegen oder um ein Gefühl oder eine Handlung bildlich darzustellen, sondern auch um den Bewegungen, zwischen dem Wechsel der Figuren, mehr Flüssigkeit zu verleihen und natürlich um mit den anderen Schwimmern synchron sein (wenn es welche gibt).

Bei Wettkämpfen gibt es eine Jury die den Gruppen jeweils zwei Noten gibt. Eine für die Technik und eine für die Kunst. Zur Technik gehören Ausführung (Schwimmtechnik und Präzision) und Synchronisation (zur Musik und miteinander). Zur Kunst gehört die Choreographie (Kreativität und Variationen), die musikalische Interpretation und die Präsentation (bevor die Schwimmerinnen ins Wasser springen).

Materialien

Bei den Wettbewerben, tragen die Schwimmerinnen sehr feine Badeanzüge, oft mit viel Glitzer und Farben. Das Gesicht wird mit wasserfestem Make-up geschminkt, wobei die Augen extra hervorgehoben werden. Dies könnte man auch als Kunst betrachten, da man bei anderen Sportarten wo es nur um Sport geht, sich nicht unbedingt schminkt. Die Brille ist bei Wettkämpfen verboten, da sie als Hilfsmittel gilt. Die Schwimmerinnen haben aber alle eine Nasenklammer, damit sie, wenn sie tauchen, kein Wasser in die Nase bekommen. Sie ist erlaubt, da sie, im Gegensatz zur Brille, nötig ist.

Um die Haare zu fixieren, benutzen die Wassertänzerinnen Gelatine. Normales Gel löst sich bei der Temperatur des Wassers im Pool (ungefähr 25°C), doch Gelatine wird erst flüssig ab 50°C, weswegen es die Haare auch im Wasser hält.

Beim normalen Training tragen die Schwimmerinnen Badekappen und dürfen auch Brillen tragen, um die Augen zu schützen.

Synchronschwimmen eine Körperkunst?

Synchronschwimmen wird oft mit Ballett im Wasser verglichen. Man kann darunter verstehen, dass es elegant und graziös wirkt. Durch die gleichen Bewegungen und Körperhaltungen der Schwimmerinnen, ergibt das Ganze ein sehr schönes Muster. Es lässt die Augen des Publikums staunen, wie aus den Menschen im Wasser verschiedene Bilder und Formen aus verschiedenen Körperteilen entstehen. Weil man im Wasser fast nie den ganzen Körper sieht, nimmt man die Menschen nicht mehr als Menschen war, sondern nur noch als ein Bild, das sich immer weiter verändert.

Männer im Synchronschwimmen

Männer sind bei der WM zugelassen, aber bei Olympia noch verboten. Im Synchronschwimmen sind Männer öfters diskriminiert, dass diese Sportart nichts für Ihnen wäre, sie schwul oder zu feminin wären. Zum Beispiel meint Olympiasiegerin Natalia Ischtschenko, dass Männer als Synchronschwimmer „widernatürlich“ wären und ihre Duett-Partnerin Swetlana Romaschina meint ebenfalls, sie sei "kategorisch gegen Männer in unserer Sportart". 

Offiziell gibt es in Deutschland nur einen einzigen Synchronschwimmer: Niklas Stoepel.

Er ist Synchronschwimmer seit 18 Jahren und einer der wenigen weltweit. Heute gilt er als feminin, weil die Bewegungen so grazil sind. "Ich kann mir nicht erklären, wieso man kategorisch eine ganze Bevölkerungsgruppe ausschließt", sagt Stoepel. "Dass künftig Männer wieder starten dürfen, finde ich deswegen auch nicht besonders fortschrittlich, sondern einfach nur gerecht. Das ist dem 21. Jahrhundert angemessen.“

Es gibt mehrere Filme zu diesem Thema: „ein Becken voller Männer“, 2018 und „Männer im Wasser“, 2008. Beides sind Komödien über Männer, die synchronschwimmen. Sie enthalten aber sehr wichtige realistischen Aspekte, sowie die Schwierigkeiten des Sports und wie es ist, als Männerteam diese Sportart zu betreiben.

niklas stoepel.jpeg

Budapest 2017 FINA World Championship - Day 2 © Getty Images

Fazit und Bezug zum Thema

Sport, welcher Bewegung und Wettkämpfe beinhaltet, und Kunst, welche Gefühle und Handlungen bildlich darstellt sind in beiden Sportarten, Capoeira und Synchronschwimmen, präsent.

Capoeira ist ein Kampfsport, bei der Flexibilität, Körperbeherrschung und Ausdauer benötigt wird, wodurch es als Sport bezeichnet werden kann. Es wird zu Musik mit Aspekte von Tanzen und Akrobatik ausgeübt und hat somit eine künstlich Darstellung. 

In Synchronschwimmen leistet man körperliche Leistungen unter Luftmangel und es werden ein Musikgefühl, sowie Beweglichkeit im Wasser benötigt. Muster darzustellen und im Wasser zu tanzen sind Form von bildlicher Kunst.

Somit kann man behaupten, dass Capoeira und Synchronschwimmen zwei Sportarten sind, die auch als Kunst bezeichnet werden können.

Artistes de musique
olys-018.jpg

 FRANCOIS XAVIER MARIT/AFP/GettyImages

Es ist allen bekannt, dass Kunst die Macht hat, Gesellschaften zu bewegen,indem es sie ermöglicht, sich auf universeller Weise auszudrücken, sodass sie jeden treffen kann. Besonders bildliche Kunst, wie Tanzen, und dadurch auch Synchronschwimmen und Capoeira, kann solchen Einfluss haben, indem sie von allen verstanden werden kann. In Capoeiras Geschichte kommt sogar der Beispiel von den Sklaven auf, die sich mithilfe dieser in Kunst verkleideten Sportart befreien konnten. Kunst kann also selbst als Sportart noch die Gesellschaft verändern.

Danse dramatique
bottom of page